Ein weiterer Höhepunkt unseres Klassentreffen 2023 war der Besuch von Schloss Colditz. Wenn man den Berg in Colditz hochkommt, steht das Schloss wie eine uneinnehmbare Burg vor uns. Das war auch der Grund, dass das Schloss im zweiten Weltkrieg als Kriegsgefangenenlager genutzt wurde. Hier war es ebenso schwierig auszubrechen wie im Mittelalter die Burg zu stürmen.
Hier erschließt sich eine Geschichte, die in Großbritannien wohl eher bekannt ist wie in Deutschland. Doch dazu später.
Einige wichtige Informationen zum Schloss findet man im Internet.
https://www.schloss-colditz.de/de/schloss-colditz/geschichte/
Daraus einige Zitate:
Die Burg im Mittelalter
Erstmals wurde die Burg Colditz 1046 in einer Heiratsurkunde erwähnt, zusammen mit den Burgen in Rochlitz und Leisnig. König Heinrich III. schenkte die Güter seiner Gattin Agnes von Poitou. Deren Sohn schenkte die Burg Wiprecht von Groitzsch. Nachdem sie zurück zum deutschen Königshaus gelangte, wird sie an einen Dienstmann vergeben. Aus diesem Dienstgeschlecht entwickelte sich schließlich eine umfangreiche Herrschaft der Herren von Colditz. Erst 1404 müssen die Herren von Colditz ihr Gut an die Wettiner abtreten. 1430 zerstörten die Hussiten Stadt und Schloss. Über den Neuaufbau am Schloss ist wenig bekannt.
Jagdschloss und Witwensitz
Kurfürstin Margarethe von Österreich bekommt Colditz als Leibgedinge. Sie ist die Gattin Friedrichs des Sanftmütigen. Nach dem Tod ihres Mannes 1464 hält sie sich jedoch lieber im Schloss Altenburg auf. Kurfürst Ernst führt schließlich den Bau fort und nutzt Schloss Colditz für Jagdaufenthalte.
Die für Colditz bedeutendste Witwe bezieht das Schloss um 1603. Sophia von Brandenburg war ehemals die Gattin von Kurfürst Christian I.. Sie residiert auf Colditz bis 1622 und verschafft der Anlage eine letzte Blütezeit. Die Gärten ziehen sich jetzt fast vollständig um das Schloss. Sie sind durch Treppen, Grotten, Terrassen, Lusthäuser, Teiche, Weinhänge und Fontänen vielfältig miteinander verbunden und ausgeziert.
Die Kapelle wurde um 1420 als Hofkapelle erbaut. Leider sind einige der wesentlichen Ausstattungen nicht mehr zu sehen. Trotzdem lohnt eine Besichtigung.
Arbeitshaus und Irrenanstalt
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wird Schloss Colditz Land-Arbeitshaus für Bettler und Landstreicher. Ungefähr 200 Männer und Frauen arbeiteten in der Schneiderei, in Spinnstuben und in der hauseigenen Wirtschaft und Gärtnerei. Behinderte und Geisteskranke waren ebenfalls unter ihnen. 1829 wird das Schloss „Landesanstalt für unheilbar Geisteskranke“.
Frühes KZ und Euthanasie
Im Januar 1938 wird das Schloss wieder „Heil- und Pflegeanstalt“. Allerdings sind gezielt Patienten aus ganz Sachsen untergebracht und abgesondert, die anderen Anstalten durch ihren hohen Pflegeaufwand lästig waren.
Das Museum ist dem Erfindungsgeist der Gefangenen des 2. Weltkriegs gewidmet, die in 300 Fluchtversuchen ihre Freiheit versucht haben. 31 waren erfolgreich.
OFLAG IV C – DIE FLUCHTAKADEMIE
Schloss Colditz war ab Herbst 1939 vorerst eins von vielen Offiziersgefangenenlagern im Deutschen Reich. Nachdem sich Ausbrüche aus anderen Lagern häuften, richtete das Oberkommando der Wehrmacht im November 1940 hier – inmitten des Reiches und fern von jeder Grenze – ein Sonderlager ein. Dies bedeutete mehr Zählappelle, mehr Wachpersonal und mehr Durchsuchungen als in anderen Oftags. Trotzdem hielt sich das deutsche Regime an die Grundsätze der Genfer Konvention von 1929, wonach gefangene Offiziere zu jeder Zeit human behandelt und in ihrer persönlichen Würde respektiert werden mussten. Ihnen stand das Recht auf persönliches Eigentum und freie Religionsausübung zu. Intellektuelle und sportliche Aktivitäten der Gefangenen sollten gefördert werden.
Neutrale Staaten, die „Schutzmächte“, kontrollierten die Umsetzung der Genfer Konvention und kamen auch mehrmals im Jahr ins Schloss Colditz, wo sich ihre Delegierten frei bewegen konnten. Sie führten sogar Gespräche ohne deutsche Zeugen. Gefundene Mängel sollte die Wehrmacht beseitigen.
Den Gefangenen war es erlaubt, eine bestimmte Anzahl von zensierten Postkarten und Briefen zu versenden. Sie durften Pakete mit Kleidung, Nahrung und Büchern empfangen. Ihren Sold erhielten sie in Lagergeld ausgezahlt. Bestrafungen gab es in Form von Einzelhaft, die meist ein bis drei Wochen dauerte. Die hierfür vorhandenen Zellen reichten aber oft nicht aus, so dass kurioserweise manchmal zwei Gefangene zusammen in „Einzelhaft“ saßen. Als Kollektivstrafen wurden der Parkspaziergang untersagt oder die Nutzung des Theatersaals verboten. Eine Pflicht zur Teilnahme an Arbeitseinsätzen gab es nur für die persönlichen Assistenten der höheren Offiziere, die Ordonnanzen. Wer nach Colditz eingeliefert wurde, war nicht nur Offizier, sondern zählte zu den „Bösen Buben“ – wie sich die Gefangenen selbst nannten. Sie waren entweder mehrfach ausgebrochen oder besonders prominent, besonders aufsässig bzw. besonders deutschfeindlich. Als deutschfeindlich galt, wer z.B. den militärischen Gruß verweigerte. Auf kriegsgefangener wie auf deutscher Seite schaukelte sich in den Kriegsjahren das Repertoire an Katz- und Mausspielen beträchtlich hoch. Scheiterte ein Ausbrecher, brachte er bei seiner Wiedereinlieferung sein Wissen mit zurück, um beim nächsten Mai noch geschickter sein zu können. Die „Bösen Buben“, aber auch ihre Bewacher wurden immer erfahrener, so dass sich Colditz zu einer Arabeske unter den Kriegsgefangenenlagern, zu einer Fluchtakademie, entwickelte.
OFLAG IV C
Das Kürzel Oflag steht für Offiziersgefangenenlager. Es gab aber auch Stalags (Stammlager) für die Mannschaften oder Dutags (Durchgangslager). Seit Kriegsbeginn am 1. September 1939 wurden in den 22 Wehrkreisen des Reiches Kriegsgefangenenlager eröffnet. Diese waren mit römischen Ziffern gekennzeichnet. Die Zahl IV gehörte zum Wehrkreis Provinz Sachsen. Ein Großbuchstabe präzisierte das Lager auf dem jeweiligen Ort. So ergab sich für Colditz also Oftag IV C. Nach dem Krieg wurden vor allem in Großbritannien die Geschichten der Gefangenen aus Colditz zu populären Legenden.
Am eindrucksvollsten für uns war der Versuch, vom Dach des Schlosses mit einem Gleiter die Schlossmauern und die Bewachung zu überwinden. Das Flugzeug wurde aus vorhandenen Holzleisten zusammengebaut und mit der blaukarierten Bettwäsche bespannt. Als Startbahn sollten aneinender gereihte Tische dienen, die auf den Giebel des Schlosses gebracht werden sollten. Leider haben die Gefangenen den Versuch nicht zu Ende gebracht. 2012 ist er nachgebaut worden. Man konnte zeigen, dass die Idee realisierbar war.
Im Museum kann man einen Film über die Rekonstruktion und den Flugversuch ansehen.
Eine interessante Zusammenfassung bietet das YouTube Video von der Homepage des Schlosses:
https://www.schloss-colditz.de/de/schloss-colditz/