Unsere Fahrt zum Eismeer


Die Etappen unserer Fahrt

Deutschland-Moskau
Moskau,
Jakutsk,
Lena-Felsen,
Fahrt nach Norden,
Viluj-Mündung,
Schigansk,
Küsür,
Tiksi,
Ein Tag an Bord,
Natara,
Unterwegs auf der Lena
Insel Agrafena,
40 Inseln,
Sottinsy.
Jakutsk-Moskau,
Moskau-Frankfurt

Deutschland – Moskau

Unser Fernweh führt und dieses Jahr in den fernen Osten Russlands. Wir sind gespannt, was uns da erwartet.

Unsere Fahrt nach Frankfurt/Main verläuft ohne Schwierigkeiten und viel zu zeitig erreichen wir den Flughafen. Wir stellen unser Auto unter und stürzen uns in unser Urlaubsabenteuer. Im Flughafengebäude in Frankfurt/Main wird umgebaut, es ist ein Erlebnis, diese Baustelle pur. Wir irren von einer Ecke in die andere bis wir den Abfertigungsschalter gefunden haben. Wir stellen uns an und dünken uns klug, den Schalter, an dem gerade zwei ältere Damen einchecken, zum Anstellen als geeignet zu finden. Wer kann ahnen, dass diese zwei Damen dreifach so lange für die Abfertigung brauchen als alle anderen. Wir wechseln dann noch und sind früher fertig als diese zwei. Später stellt sich heraus, dass sie an unserer Kreuzfahrt teilnehmen. Wir haben nach dem Check-in noch genügend Zeit, uns etwas zu stärken. Dann betreten wir das Flugzeug und unser Flug nach Moskau kann beginnen.

Wir landen fast pünktlich 19.15 Uhr auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewow II. Die Abfertigung und Passkontrolle verlaufen wider Erwarten schnell. Wir holen unser Gepäck und sind ganz stolz, dass wir die deutsch sprechende Reiseleitung ganz schnell finden. Aber das nützt uns wenig, denn jetzt beginnt eine ewige Warterei, bis alle sich zur Reisegruppe Gehörenden aus München, Berlin usw. eingefunden haben. Dann geht es in unser Hotel. Unser Hotel „Kosmos“ liegt genau gegenüber der Allunionsausstellung. Wir können von unserem Hotelfenster genau auf das Gelände sehen.

…Abends an der Moskwa

 

Wir sind müde und gehen schlafen. Mal sehen, was uns unsere Stadtrundfahrt durch Moskau morgen so bringen wird. Wie sieht Moskau jetzt aus?

Was hat sich gegenüber den Jahren 1986 und 1989 alles verändert? Wir sind gespannt.

 

Moskau

Nach einem ausgiebigen Frühstück, bei dem das Aufregendste der Kampf um die Plätze war, begeben wir uns zur Rezeption. 9.00 Uhr ist dort Treffpunkt. Wir bekommen unsere Pässe zurück und erhalten unsere Flugtickets nach Jakutsk. Es dauert alles ewig. Für so viele Touristen, die hier abgefertigt werden, ist das eine miserable Organisation. Dann haben wir alles und denken, jetzt geht’s los, aber da stehen noch keine Busse zur Verfügung und die Warterei geht weiter. Wie heißt es doch so schön: …. это будет хорошо… . Das kosten wir so richtig aus. Endlich kommen drei Busse und wir ergattern einen Sitzplatz. Nun kann die Stadtrundfahrt beginnen.

Moskau Roter Platz

 

Dann drängelt die Zeit und wir begeben uns zum Abendessen.

Wir sitzen recht gemütlich in einer Nische in einem großen Restaurant. Werner versucht in der Nähe etwas Geld „umzurubeln“. Dann geht es zum Flughafen für den Nachtflug nach Jakutien. Auf der Fahrt zum Flughafen fahren wir am Gagarinplatz mit dem Denkmal zu Ehren Juri Gagarins vorbei. Es geht auf den Abend zu und wir nähern uns dem Flughafen „Wnukowo“. Hier geht die Abfertigung recht problemlos. Allerdings staunen wir nicht schlecht, denn wir müssen die Schuhe ausziehen und sie mit aufs Band zum Durchleuchten stellen.

Wir nehmen unsere Plätze ein, Werner sitzt am Gang und kann so die Beine etwas ausstrecken, denn es ist sehr eng in dieser TU 134. Der 6-stündige Flug mit Yakutia-Airlines nach Jakutsk kann beginnen. Heinz M. kann einen anderen Platz einnehmen, damit er seine Beine besser ausstrecken kann. Wie jede Flugreise nervt es, dass ständig Essen und Getränke mitten in der Nacht gereicht werden.

Jakutsk

9.45 Uhr (6 Stunden Zeitverschiebung zwischen Moskau und Jakutsk) landet unser Flugzeug in Jakutsk. Es ist trübe. Wir warten auf die Busse, die uns zu unserem Kreuzfahrtschiff bringen sollen. Die Koffer werden separat transportiert. Quer über die Straße ist ein Transparent gespannt, dass uns in Jakutsk begrüßt.

Spruch des Tages: Der erste Gruß ist viele tausend wert, drum grüße freundlich jeden, der begrüßt. (Johann Wolfgang von Goethe).

Die Busse kommen. Wir steigen ein und nach einer kurzen Fahrt durch die Stadt erreichen wir den Flusshafen und beäugen unser Schiff, das MS „Swetlow“. Wir bekamen im Bus die Bordkarten und können nun schon mal unsere Kabine aufsuchen. Dort warten wir auf unser Gepäck. Leider ist einer unserer Koffer defekt. Eine seitliche Sicherung ist kaputt. Mal sehen, wie es damit weiter geht.

Wir erhalten ein Blatt, auf dem der Ablauf des Tages vermerkt ist.

11.00 Uhr treffen wir uns im Kinosaal und werden von der Reiseleitung und der Kreuzfahrtleitung begrüßt. Wir erhalten die ersten organisatorischen Hinweise. Es besteht die Möglichkeit zum Geldwechsel an Bord zu Sonderkonditionen. An Bord kann nur mit Rubeln bezahlt werden. Es kann auch nicht auf der Bordkarte bzw. Kajütennummer gesammelt und abgerechnet werden. So werden wir auch gleich noch etwas Geld tauschen.

Wir werden in zwei Gruppen zum Essen eingeteilt. Der Speisesaal ist nur so groß, dass in zwei Tischsitzungen gegessen werden muss. Bis zum Mittagessen steht uns der Vormittag zum Ausruhen zur Verfügung. Werner schnappt sich seine Kameras und geht auf Fotopirsch. Mich hält es auch nicht die ganze Zeit in der Kabine, ich gehe auch etwas auf Entdeckungsreisen. Das Schiff ist mir fast schon zu groß, knapp zweihundert Menschen haben hier Platz. Das wird interessant, wenn es um Ausflüge geht.

Nach dem Mittagessen können wir schon mal probieren, wie es ist, wenn so viele Menschen auf einmal auf eine Stadt losgelassen werden. Wir werden von drei Bussen abgeholt und beginnen die Rundfahrt durch diese typische sibirische 300.000-Einwohner-Stadt, deren Häuser wegen des Permafrosts auf Pfählen errichtet sind.

Jakutsk Stadtrundfahrt

 

Zurück an Bord bereiten wir uns auf das Abendessen vor. Es gibt die Vorspeisen und den Nachtisch auf einem Buffet. Junge Kellner und Kellnerinnen servieren das Hauptmahl am Tisch. Dazu trinken wir ein Bier. Wir, d. h. Familie M., Familie K. und Werner und ich, haben einen Sechsertisch in einer Ecke ergattert. Hier werden wir unsere Mahlzeiten immer einnehmen.

Am Abend legt das Schiff ab und die Kreuzfahrt auf der Lena beginnt, zunächst flussaufwärts nach Süden.

Nach dem Abendessen gehen wir noch mal an Deck, schauen uns die Landschaft an, die langsam an uns vorbei schwebt und sehen voller Spannung unserem Abenteuer entgegen.

Fahrt zum Lenafelsen

Nach dem Abendessen gibt es noch ein Unterhaltungsprogramm, auf das wir aber verzichten. Recht müde klappen wir unsere Betten auf und ganz schnell sind wir eingeschlafen.

 

Lena-Felsen

Tagesspruch: In deinem Urlaub über ein fremdes Land und Leute bleibe jenseits von Gut und Böse. Das, was du siehst, ist weder gut, noch schlecht, nur anders.

Auf die Morgengymnastik verzichten wir großzügig. Das Frühstück schmeckt uns aber trotzdem.

Der Blick aus den Fenstern und an Bord zeigt uns eine interessante Landschaft. Schon von weitem ist am linken Flussufer die Kette der hochaufragenden legendären Lena-Felsen zu sehen, die sich auf 80 km Länge hinziehen. Am Ufer können wir Leute bei der Heuernte beobachten Auch mit Paddelbooten sind Leute unterwegs.

Es ist faszinierend, wie schnell die Zeit vergeht und immer gibt es etwas Interessantes zu sehen.

Um 10.00 Uhr gehen gibt es einen Vortrag über Jakutien, den Dr. Swetlana Petrowa im Kinosaal hält. Wir gehen stattdessen in die Bar und stoßen mit Renate M. auf ihren 50.Geburtstag an.

11.00 Uhr erhalten wir im Kinosaal Informationen zum Aufstieg auf die Lena-Felsen und Sicherheitshinweise.

Gegen Mittag erreichen wir die Anlegestelle. Wir schauen zu, wie die Leichtmatrosen unser Schiff am Ufer befestigen und unseren Landgang vorbereiten.

Beschwörung der guten Geister
Auf den Lena Felsen

 

Gegen Abend legt das Schiff wieder ab. Es ist schon eine artistische Einlage, die unsere Leichtmatrosen da bieten. Das Schiff muss vom unbefestigten Ufer wieder in Fahrt gebracht werden.

Nach dem Abendessen lädt der Kapitän zu einem Begrüßungscocktail ein. Wir bekommen einen grünen Cocktail und der Kapitän stoßt mit uns auf eine erholsame, interessante Reise ohne Komplikationen an.

Anschließend gestalten drei junge Jakutinnen das abendliche Unterhaltungsprogramm. Sie spielen auf dem Chomus, einer Maultrommel. Es ist ein eigenartiger Sound, der den Musiksalon erfüllt Die Frauen haben tolle Stimmen, die mit dem Chomus eine Einheit bilden. Beide unterstützen sich und ergänzen sich. Wir feiern in diesem einmaligen Ambiente noch etwas Geburtstag mit Krimsekt.

Ein anstrengender, aber hoch interessanter Tag neigt sich dem Ende.

 

Fahrt nach Norden

Das Schiff nimmt Kurs nach Norden und fährt mit der Strömung flussabwärts. Während der Nacht erreichen wir wieder Jakutsk. Hier tankt unser Schiff auf.

Nach dem Frühstück beobachten wir das Auslaufen.

Ein Frachter erweckt unsere Aufmerksamkeit, der Name ist „Magdeburg“. Es scheint, er hat auch schon mal bessere Zeiten gesehen. Sicher wartet er hier auf Fracht. Früher war hier ein emsiges Treiben. Jakutsk war ein bedeutender Umschlagplatz zu Sowjetzeiten. Die meisten Kais sind leer. Viele der Krane am Ufer sind arbeitslos und rosten so vor sich hin. Die Krane wurden einmal aus der DDR und Ungarn geliefert. Viele Blechruinen liegen im Hafen, es scheint, als wäre hier ein richtiger Schiffsfriedhof. Der Stahl würde für unzählige Hochöfen reichen. Ein Abtransport dieses Schrottes ist wohl kaum möglich, denn von Jakutsk führt der Weg nur über die Lena nach Tiksi und zurück. Jakutsk ist an keine Eisenbahnlinie angebunden. Die BAM hat es nicht bis hierher geschafft. Und per Luft ist ein Abtransport nicht denkbar.

Wir sind den ganzen Tag an Bord und lernen den Fluss und die Uferlandschaft kennen.

Interessant sind die Bojen und die Markierungen an den Ufern. Die Lena ist von vielen Sandbänken durchzogen und ändert die Lage der Fahrrinne ständig. Deshalb ist das Fahren nach diesen Markierungen, die jedes Jahr im Frühjahr nach der geänderten Fahrrinne ausgerichtet werden, ganz wichtig.

Die Lena ist hier recht breit. Die Ufer sind flach und wir beobachten die Menschen bei der Heuernte. Am Ufer sind Zelte und Paddelboote. Wir sehen Weiden mit braun-weiß gefleckten Kühen. Große Heuschober sind teilweise schon mit Heu bepackt, teilweise warten sie noch auf den Wintervorrat.

Auf der linken Uferseite sehen wir die Siedlung Shataj. Hier leben ca. 10.000 Einwohner, vorwiegend in Holzhäusern. Wir sehen ein großes Treibstoffdepot, etwas außerhalb der Ortschaft. Hier werden jakutische Schiffe überholt.

Nur schlecht können wir uns von der Landschaft loseisen, denn es findet wieder eine Vorlesung statt. Diesmal geht es über die Geschichte Jakutiens.

Frau Dr. Petrowa erzählt von der Entdeckung und Eroberung durch den Zaren. Die Situation der Eingeborenen hat sich im Laufe der Zeit verändert. Sibirien wurde erst interessant, als man die vielen, verschiedenen Bodenschätze entdeckte und mit deren Erschließung begann. Vor allem zu Sowjetzeiten begann man, Sibirien außer als Verbannungsort für die Industriali­sierung zu nutzen. Das war unter diesen extremen klimatischen Verhältnissen nicht leicht. Es entstanden neue Städte. Russen und andere Nationalitäten bekamen große Vergünstigungen, wenn sie nach Sibirien übersiedelten. Weiter versuchte man die vorwiegend als Nomaden lebenden sibirischen Einheimischen wie Jakuten, Ewenken, Ewenen, usw. sesshaft zu machen. Die Kinder mussten zur Schule gehen. Durch die großen Entfernungen lebten die Kinder während der Schulzeit in Internaten, fernab der Familie.

Die sibirischen Nordvölker haben jetzt eine große Schwierigkeit, sie versuchen, teilweise wieder in ihr Nomadenleben zurück zu finden, teilweise sich mit der jetzt vorhandenen Situation zu arrangieren. Das ist sehr schwierig. Die meisten sind arm und es gibt wenige Arbeitsplätze, so sind viele arbeitslos.

Anschließend findet an Bord Russischunterricht statt. Wir melden uns bei den Fortgeschrittenen an. Wir sind ein illustres Völkchen, ein Schweizer, der in Brno geboren ist, eine alte Dame aus Hamburg, ein junger Mann aus Aken, ein älterer Herr, Iwan, aus dem Rheinland, eine mittelalterliche Dame aus dem Erzgebirge, mit einem herrlichen sächsischen Dialekt. So klingt auch ihr russisch.

Um die Mittagszeit sehen wir auf dem linken Lenaufer wieder eine Siedlung. Sie heißt Kangalassy. Sie ist wesentlich kleiner als Shataj. Hier leben ungefähr 3.500 Einwohner. Es wird Steinkohle gelagert und verschifft.

Nach dem Mittagessen gehen wir in die Kabine, ich mache etwas Mittagsruhe und Werner geht auf Fotopirsch. Die Landschaft fasziniert immer wieder. Am frühen Nachmittag zeigt sich am rechten Lenaufer die Siedlung Namzy. Hier leben ca. 14.500 Einwohner, die 59 verschiedenen Nationalitäten angehören (ca. 8.000 Russen). Es gibt eine Milchfabrik und Kartoffeln werden angebaut. Früher war dafür die Kolchose zuständig. Heute sind es vor allem private Bauern, Farmer, die die Landwirtschaft betreiben.

Am Nachmittag gehen wir zur Talkshow „Wie lebt man in Russland und im europäischen Ausland?“

Daran nehmen verschiedene Besatzungsmitglieder teil. Sie erzählen über ihr Leben. Die Dolmetscherinnen sind von der Akademie der Wissenschaften in Jakutsk. Am interessantesten klingt der Lebenslauf eines 18-jährigen. Er will studieren und verdient sich mit seinem Job als Mädchen für Alles, ein bisschen Geld. Er ist für die gesamte Musiktechnik, fürs Fotografieren, die Computertechnik und andere anfallende Arbeiten der Organisation zuständig.

Gleich nach dem Abendbrot fahren wir an der Aldanmündung vorbei. Er ist ein rechter Nebenfluss der Lena mit 1.632 km Länge, nicht gerade klein und er ist schiffbar, und wenn man auf ihm fährt, erreicht man Steinkohlelagerstätten. Wir erreichen kurz danach die Siedlung Batomaj am rechten Ufer. Es ist nur eine sehr kleine Ansiedlung, eigentlich nur eine Wetterstation mit Unterkünften für Geologen, die die sibirischen Weiten auch weiter nach Bodenschätzen erkunden. Allerdings sind es oft Enthusiasten, die hier geologische Untersuchungen durchführen, denn die Regierung gibt kaum noch Geld dafür aus. Doch bevor man arbeitslos rumsitzt, arbeiten die Menschen weiter.

Am Abend wird der 1. Teil des Filmes „Unterwegs in Sibirien“ von Gerd Ruge gezeigt. Wir staunen, wie alt der Film schon ist. So lange haben wir die Zeit seit dem ersten Sehen des Streifens gar nicht in Erinnerung.

Danach gehen wir in den Musiksalon und lassen uns noch etwas von der Musik der jungen Musiker entspannen.

Folklore in Jakutien

 

Viluj-Mündung

Während der Nacht sind wir am felsigen „Weißen Berg“ vorbeigefahren und an der Siedlung Sangar, am rechten Ufer gelegen. Hier leben ca. 2.000 Einwohner, vor allem vom Steinkohlenbergbau. Hier gibt es auch ein Handelshafen und ein Treibstoffdepot. Ein Denkmal erinnert an einen Polarflieger, der 1930 hier war.

Spruch des Tages: „Finde stets etwas, worauf du dich freuen kannst!“

Während des Frühstücks nähert sich das Schiff der Flussmündung des Viluj. Je nach Lautumschrift findet man auch Viljui oder Wiljui. 450 km stromabwärts von Jakutsk mündet der Viluj, der größte Nebenfluss, in die Lena. Er ist

2.650 km lang, davon sind 1.125 km schiffbar. Die Fläche des Stromgebietes beträgt

454.000 km2. Im Viluj-Stromgebiet gibt es große Vorräte an Erdgas und anderen Bodenschätzen.

Mit dem hier vorkommenden Erdgas wird Jakutien mit Strom und Heizung versorgt. Das Erdgas wird durch Rohrleitungen geliefert, die einzigartige Einrichtungen auf dem Permafrostboden sind. Am Oberlauf des Viluj gibt es das einzigste Wasserkraftwerk Jakutiens, das die diamantenfördernde Industrie des Mirnij-Bezirkes mit Energie versorgt.

Die Stadt Mirnij ist das Diamantenzentrum der Republik Sacha (Jakutien). Die Diamanten­förderung ist der wichtigste Industriezweig in Jakutien.

Der bekannte russische Schriftsteller Alexander Kuprin schrieb: ”Der Diamant ist die Sonnenstrahlung, die im Boden eingespart ist“. Diаmantenvorräte gibt es nicht nur in Mirnij, sondern auch in den Städten Udatschnij und Aichal (auch im Vilujsker Gebiet). Der größte Diamant, 342,5 Karat, wurde im Tagebau “Mir“ (Frieden) gefördert.

Von der Viluj–Mündung ab wird die Lena breiter und wasserreicher. Hier hat die Lena eine Menge von Inseln. Deshalb ist die Schifffahrt in diesem Bereich der Lena sehr kompliziert.

Für Wissenschaftler, Zoologen und Botaniker ist diese Gegend wegen der Vielfalt an wilden Tieren, Vögeln und prachtvoller nördlicher Pflanzenwelt von besonderem Interesse. Es gibt hier 30 verschiedene Arten von Säugetieren, wie Bären, Elche, Wölfe, wilde Rentiere, Vielfrasse, Zobel, Wildkatzen, Hasen u.a. In zahlreichen Seen sind Bisamratten, viele Arten Vögel, von Auerhahn bis Haselhuhn vertreten. Es gibt auch Gänse und Schwäne, die unter Naturschutz stehen.

Hier wachsen viele Arten Laubbäume und außerdem Tannenbäume, Birken, Weiden und Erlen.

Viele Fische leben in diesem Wasserraum. Vom biologischen Standpunkt aus ist der Viluj–Mündungsbereich eine der interessantesten Gegenden Jakutiens.

An der Vilju Mündung

Gegen 14.00 Uhr fahren wir an der Ortschaft Lampuschka vorbei, die auf dem rechten Lenaufer liegt. Hier hat der jakutische Präsident ein zweistöckiges Sommerhaus. Die Lena ist hier sehr breit, zwischen 15 bis 17 km.

Am Nachmittag ist wieder ein Russischkurs mit Alina. Wir üben das freie Sprechen. Es macht Spaß.

Frau Dr. Swetlana Petrowa hält einen Vortrag im Kinosaal über den Permafrostboden.

Es ist schon interessant, wie man gelernt hat, mit dem Permafrost zu leben.

Nach dem Abendbrot gehen wir zum zweiten Teil des Films „Unterwegs in Sibirien“ von Gerd Ruge.

Danach sind wir zu einem Liederabend in die Bar eingeladen. Wir bleiben in unserer Kabine und schauen uns noch etwas die Landschaft an, die uns immer wieder fasziniert.

 

Schigansk

Während der Nacht haben wir den Polarkreis überquert. An dieser Stelle ist die Lena 42 km breit.

Spruch des Tages: Es gibt zwei Möglichkeiten, einen Zustand zu ändern: entweder man zieht die Jacke an und geht – oder man zieht sich das Hemd auch noch aus …

Schon während wir frühstücken, nähern wir uns der Siedlung Schigansk.

Schigansk ist der erste Ort nördlich des Polarkreises und eine der größten Siedlungen an der unteren Lena. Im Bezirk Schigansk leben Viehzüchter, Jäger und Fischer.

Das Wort „Schigansk“ („Aedigaen“) bedeutet auf ewenkisch „Bewohner des Unterlaufes“. Im Bezirk Schigansk leben die Ewenken, die Viehzucht, Jagd und Fischerei betreiben.

Schigansk ist so alt wie Jakutsk. Im Jahre 1632 wurde Jakutsk von den Jenissej – Kosaken unter der Leitung von Pjotr Beketow gegründet. Im Juli des gleichen Jahres fuhren sie die Lena abwärts. 770 km nördlich von Jakutsk mussten sie wegen des Frostes halten und über-
wintern. Hier entstand die Siedlung Schigansk.

Am Anfang war Schigansk ein Zollpunkt, an dem das Pelzwerk registriert wurde. Außerdem baute man hier die Boote, mit denen die Kosaken weiter nördlich die Flüsse Jana, Indigirka und Kolyma befuhren und das Land für den Zaren eroberten.

1798 baute man in der Siedlung die hölzerne Nikolaus-Kirche. Es gab damals staatliche Geschäfte, den Bezirksvorstand, eine Kapelle und 19 Holzhäuser, es wohnten nur 70 Leute hier.

Das Jahr 1805 brachte für Schigansk Unglück. Aus dem Ochotskier Ostrog, einem Gefängnis im Magadansker Gebiet, kamen geflohene Zwangsarbeiter nach Schigansk und raubten es völlig aus. Danach war die Siedlung im Laufe von 130 Jahren fast unbewohnt und wurde später zum Verbannungsort. Die Lebensbedingungen waren hier so hart, dass kaum einer das überleben konnte.

Hier dauert der Winter mit minus 50 Grad acht Monate lang. Die Post aus Moskau brauchte vier Monate bis hierher.

Mit der Erschließung des Eismeerweges in den 30er Jahren des 20. Jh. lebte der Ort wieder auf. Es entstand eine Anlegestelle, ein Hafen für Wasserflugzeuge, ein Rundfunksender usw..

Das heutige Schigansk ist das Verwaltungs- und Kulturzentrum eines großen Bezirkes im Norden Jakutiens. Es wurde viel gebaut. Es gibt einen Flughafen, eine Schiffsanlegestelle, eine Försterei, eine Mittel- und Musikschule, zwei Bibliotheken und mehrere Geschäfte.

Das Schigansker Gebiet ist reich an Braun- und Steinkohle. Die Hauptwirtschaftszweige in Schigansk sind die Landwirtschaft (Rentierzucht, Fischerei) und das Pelzwerkgewerbe.

Begrüßung in Schigansk

Auf der Weiterfahrt wird die Landschaft wir immer bergiger. Wir fahren am Berg Kystatyam (Sand) vorbei. Dann gehen wir zum Vortrag über den Beitrag der Deutschen zur Entwicklung Jakutiens, den wieder unsere Frau Professor hält.

Nach dem Abendessen gehen wir wieder in den Kinosaal. Es gibt den 3. Teil von Gerd Ruges „Unterwegs in Sibirien“.

Anschließend treffen wir uns in der Tanzbar zum Teeabend. Es gibt Tee aus dem Samowar und Blinis. Zu den Blinis wird Honig, Marmelade, Smetana, usw. gereicht.

Da kann man so seine Studien machen. Viele haben Angst, dass sie zu kurz kommen. Manchmal ist das schon fast peinlich.

Küssür

Spruch des Tages: Wer schläft, sündigt nicht. Wer aber vorher gesündigt hat, schläft umso besser.

Die Morgengymnastik ignorieren wir, wie jeden Morgen. Wir bereiten uns in aller Ruhe auf das Frühstück vor und danach genießen wir die Landschaft, teils auf Deck, teils vom Leseraum aus. Wir fahren an Prilensk vorbei, auf der linken Seite der Lena gelegen. Prilensk ist ein Geologenumschlagpunkt, der 1980 errichtet wurde.

Dann heißt es sich wieder, sich im Russischen zu üben. Alina hat wieder neue Spiele für uns.

Während des Mittagessens erreichen wir Küssür. Wir freuen uns auf den Landgang. Allerdings ist das Wetter alles andere als einladend. Es ist um die 10° C, nieselt und der Wind weht ganz schön stürmisch.

Die Siedlung Küssür liegt am rechten Lenaufer, 1318 km von Jakutsk entfernt.

Hier leben Rentierzüchter, Jäger und Fischer, vorwiegend Jakuten und Ewenken.

Küssür wurde gegründet, um die nomadisierenden Ureinwohner sesshaft zu machen. Mit diesem Ziel wurden geheizte Häuser mit Strom und Radio, Banjas mit heißem Wasser und Schulen mit hellen Klassenräumen gebaut. Aber trotzdem hat der Prozess des Übergangs vom Nomadenleben zum sesshaften Leben sehr lange gedauert. Es fiel den Nordvölkern schwer, ständig an einem Ort zu leben. Heute beginnt man wieder, teilweise in das Nomadenleben zurück zu gehen. Es ist für diese Menschen sehr schwierig, mit der Situation nach der Perestroika zu Recht zu kommen. Den meisten geht es jetzt schlechter als zu Sowjetzeiten.

Die Tiere wurden in Sowchosen gehalten, in Küssür war das der Sowchos “Bulunskij”. Die Hirten waren somit Staatsbedienstete. Einerseits erhielten die Bewohner eine bessere Versorgung und ein soziales und bildungspolitisches Angebot, andererseits begann mit der Alphabetisierung eine Russifizierung. Die Amtssprache wurde russisch und die nationalen Besonderheiten der einzelnen Völkergruppen gerieten in Vergessenheit. So langsam besinnt man sich wieder auf die alten Sitten und Gebräuche. Die Schamanen haben wieder ihr Auskommen und immer größeren Einfluss.

Es gibt in Küssür eine Werkstatt, wo die Frauen, die mit Glasperlen geschmückten Pelzstiefel und Pelzmäntel, die Kleidung für die Rentierzüchter und Jäger, nähen.

Im Sommer arbeiten in Küssür auch geologische Gruppen.

Küssür ist das Kulturzentrum des Bulunsker Bezirkes. Hier gibt es ein Kulturhaus mit großer Bibliothek, eine Mittelschule mit Internat, eine Musikschule, ein Volkstheater, ein Krankenhaus mit Poliklinik und Apotheke, eine Post, Geschäfte und einen Kindergarten.

Seit 1985 haben die Einwohner von Küssür eine Telefonverbindung nach Tiksi und Jakutsk.

Wir sind auf Küssür gespannt.

Küsür

Nach dem Abendbrot hören wir uns den Vortrag „Sitten und Bräuche der Jakuten und Nordvölker“ mit Frau Dr. Petrowa an. Das passt eigentlich gut zu den Eindrücken des Vormittages.

Das Wetter wird immer schlechter. Es regnet und ist sehr stürmisch. Es weht ein eisiger Wind. Laut Larissa sind es heute in Tiksi 2° C. Da wird es morgen richtig kalt werden.

Wir ziehen uns wetterfest an und sehen uns von der Reling aus die Landschaft an. Der Wind ist so kalt und schneidend, dass man meint, kleine Nadeln pieksen einen ins Gesicht. Nirgends findet man eine windgeschützte Stelle. Die Landschaft ist sehr interessant. Es zeigen sich Felsen an den Ufern, dann wieder flache Stellen. Die Lena wird immer schmaler. Beide Seiten der Lena werden immer felsiger. Die Felsen werden von der Abendsonne beschienen und es entstehen schöne Effekte. Es sind viele Aushöhlungen in den Felsen, die man vom Ufer aus sehen kann. Während wir uns dem Lena-Rohr nähern, wird es uns dann doch zu kalt und wir gehen erst in die Kabine und dann betrachten wir uns die Landschaft noch etwas aus dem Leseraum. Hier hinter Glasscheiben ist es doch angenehmer. Die Lena ist hier 1,5 km breit und es weht auch bei schönem Wetter immer ein starker Wind. Wir sehen uns die Landschaft an und lassen den Tag gemütlich ausklingen. Werner speichert die Bilder um und dabei machen wir schon mal eine kleine Diaschau.

Am Tanzabend zeigen die Jugendlichen der Besatzung ihr Können. Es ist sehr lustig.

Tiksi

Spruch des Tages: Allzeit fröhlich ist gefährlich, allzeit traurig ist beschwerlich, allzeit glücklich ist betrüglich, eins ums andere ist vergnüglich!

In dieser Nacht fahren wir an der Insel „Stolb“ (Säule) vorbei. Hier ist die Grenze zwischen dem eigentlichen Fluss und dessen Delta. Im größten Arm des Deltas, Trofimow, fließen 70 Prozent des Wassers in nördliche Richtung in die Laptewsee. Der östliche Arm, Bykowski-Kanal, genannt, ist 106 km lang und fließt in die Buor-Chaja-Bucht. Über diese Strecke ist der Zugang zum Hochseehafen Tiksi möglich. Also fahren wir auf diesem Weg weiter. Viele kleine und größere Inseln liegen innerhalb und am Rande des Deltas. Die Samoilowskieinsel ist das größte Lenanaturreservat.

Das Lenadelta ist eine der wichtigsten Naturlandschaften in der arktischen Zone. Hier leben über 100 Arten von Vögeln und das Delta ist im kurzen Sommer bevorzugtes Brutgebiet der Zugvögel. Hier ist auch die Heimat von äußerst seltenen Säugetieren wie dem arktischen Fuchs und dem Karibu, ein Ren. Der Nordwesten des Deltas ist von der typischen und zugleich äußerst differenzierten Tundralandschaft geprägt.

Heute früh, als wir zum Frühstück gehen, sind es 8° C, doch nicht ganz so kalt wie gestern prophezeit. Hoffentlich bleibt es so.

Auf der linken Uferseite sehen wir das Bykowkap. Hier wohnen ca. 1.000 Menschen. Es gibt eine Fischfabrik und natürliche Eiskeller.

Vor dem Bykowkap fahren wir ca. 2 km auf offenem Meer, dem Eismeer. Wir haben das nördlichste Ziel unserer Reise fast erreicht. Wir fahren nicht bis zum Hochseehafen, sondern legen schon früher, an einer provisorischen Landebrücke an. Für größere Fahrten auf offener See sind diese Kreuzfahrtschiffe nicht geeignet. Da das Wetter hier in kürzester Zeit umschlagen kann, wäre die Fahrt gefährlich und so nehmen wir einen längeren Landweg bis in die Stadt. Den Hochseehafen sehen wir dann aus dem Bus von weitem.

Erst gehen wir frühstücken und danach ist ein Vortrag über die „Kunstarten in Jakutien“. Frau Dr. Swetlana Petrowa erzählt uns über die kunstvollen Handarbeiten, die vorwiegend aus den Naturmaterialien, Leder, Perlen usw. hergestellt werden. Dann gibt es berühmte Beinschnitzer, die aus den Stoßzähnen der Tiere herrliche Gegenstände zaubern.

Auch die moderne Kunst hat hier ihre Stätte. Es gibt für begabte Kinder die Möglichkeit, eine speziell auf ihre Fähigkeiten, wie malen, singen, Instrumente spielen, usw. zugeschnittene Spezialschule, in der sie neben dem normalen Unterricht eine fundierte Ausbildung in ihrer Kunstrichtung erhalten. Drei Absolventen von einer solchen Musikschule, die dann noch ein Musikstudium abgeschlossen haben, bilden die Band an Bord. Es ist phantastisch, was die zwei jungen Frauen und der junge Mann mit 19 Jahren uns für eine Musik darbieten, von Jazz bis Klassik – alles sehr gekonnt. Es gibt auch einheimische Schriftsteller und das Theater mit all seinen Facetten hat einen großen Stellenwert. Die jakutische Sprache zieht langsam auch in die Theater ein.

Die Volkskunstarten von Jakuten sind Oloncho, Volkslieder, Volkssagen und Volkstänze.

Dem Genre nach gehört das Oloncho zu den episch-musikalischen Kunstwerken mit der eigenartigen dialogischen Form einer Oper ohne Musikbegleitung. Der Schöpfer dieses epischen Kunstwerkes wird bei Jakuten Olonchohut (Oloncho-Sänger) genannt. Der Oloncho-Sänger ist ein talentvoller Dichter aus dem Volk mit außergewöhnlichem Gedächtnis, musikalischen und dichterischen Fähigkeiten zur Improvisation, einer schönen starken Stimme und dramatischem Talent. Im Oloncho wird der Kampf gegen das Böse, gegen Not und Übel, der Kampf für das friedliche Leben dargestellt.

Ohuochaj-Tanz verbindet drei Kunstarten: den Tanz, das Singen und die Dichtung. Der Rundtanz “Ohouochaj” entstand in alten Zeiten, als die Jakuten noch im Süden lebten. Beim Ohuochaj-Tanz singt der Vorsänger ein extra von ihm selbst auf der Stelle gedichtetes Verspaar, das die ganze Runde wiederholt. Dabei wird im Kreis getanzt. Die besten Ohuochoj-Sänger können einige Tage und Nächte lang im Wechsel den Tanz führen.

Tojuk ist eine besondere Art des Singens der Jakuten. Beim Tojuk werden verschiedene Gefühle und Stimmungen des Sängers geäußert.

Tschabyrgach ist eine besondere Art des Zungenbrechers. Tschabyrgach ist eine in Versen geformte, logisch und inhaltlich gebundene Dichtung, die mit Tempo, deutlich, ohne Halt zu machen, vorgetragen wird. Für diese Art der Dichtung ist Ironie und Humor typisch

So richtig sind wir teilweise nicht bei der Sache, da wir die Bucht Nejelowo bereits kurz nach 10.00 Uhr erreichen und das Schiff dort vertäut wird.

Die Schönheit der Tundra

Wir gehen wieder zurück zum Schiff zum Mittagessen. Auf den zwei Schrottschiffen stehen Grenzsoldaten und kontrollieren unseren Land- bzw. Bordgang.

Nach dem Mittagessen fahren wir mit Bussen nach Tiksi, dem Umkehrpunkt unserer Reise. Wir halten kurz mal an. Ein großer Anker und große Buchstaben „Tiksi“ begrüßen uns am Eingang zur Stadt. Alle fotografieren und keifen sich an, weil immer jemand im Bild steht. Aber prompt steht der oder diejenige, die sich eben beschwert haben, dem nächsten vor der Linse. Vor lauter Schadenfreude vergesse ich fast, selber mal auf den Auslöser zu drücken.

Wir fahren weiter. Am Horizont sehen wir die Kräne vom Hochseehafen. Sie sehen recht arbeitslos und verkommen aus. Es gibt wohl nur wenige Schiffe, die den Weg nach hier finden.

Der Hafen von Tiksi ist das Tor Jakutiens zum Meer. Auf jakutisch bedeutet Tiksi Treffpunkt.

Zu Sowjetzeiten war Tiksi ein großer Verkehrsknotenpunkt. Auch heute noch fahren Schiffe von hier zu den am Eismeer gelegenen Häfen und in die Flüsse, die ins Eismeer münden, wie die Chatanga, den Olenjok, die Jana, die Indigirka und die Kolyma.

Der Hafen von Tiksi wurde Mitte der Dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts gegründet, als sowjetische Schiffe begannen, regelmäßig den nördlichen Seeweg über das Eismeer zu befahren.

Man kann Tiksi nur 2,5 Monate im Jahr per Schiff erreichen.

Die Siedlung Tiksi entwickelte sich zum administrativen und kulturellen Zentrum des Bulunski-Bezirkes.

Der Bulunski-Bezirk umfasst eine Fläche von 223.600 km2. Tiksi ist von Jakutsk auf dem Landweg 1.694 km, dem Flussweg 1.703 km und auf dem Luftweg 1.270 km entfernt. Der Bulunski-Bezirk hat 11.000 sesshafte Einwohner.

Die mittlere Temperatur im Winter beträgt –27 bis –32 Grad Celsius und fällt eher selten einmal unter -40 Grad Celsius.

Von November bis April gibt es orkanartige Stürme und Schneegestöber. Von November bis Februar herrscht Polarnacht. Ende Juli ist eine Temperatur bis zu +25 Grad Celsius möglich. Bis Anfang der 90iger Jahre war Tiksi ein geschlossenes Territorium. Jetzt ist nur noch

Tiksi 2 militärischer Sperrbezirk. Auf den Hügeln stehen große Parabolantennen und das Territorium ist mit Stacheldraht eingezäunt.

Tiksi

Wir erreichen unser Schiff wieder über die zwei Schrottschiffe.

Bis zum Abendbrot ist noch etwas Zeit. So gehen wir in die Kabine, ruhen etwas aus. Werner überspielt die Fotos und so können wir unsere Eindrücke vom heutigen Tag austauschen.

Mal sehen, ob wir das Abendprogramm im Musiksalon besuchen oder lieber in der Kabine die gekaufte Flasche Sekt trinken. Den Film „Über den Dächern von Nizza“ sehen wir uns nicht an. Wir spazieren etwas über Deck, beobachten die Schiffsjungen beim Saubermachen und genießen die Landschaft, die da an uns vorüber zieht. Wir umfahren wieder das Bykowkap und sind dabei für eine kurze Strecke auf offenem Eismeer.

In der Bar trinken wir eine Flasche Sekt, erzählen etwas und fallen schön müde ins Bett. Ein ereignisreicher Tag geht zu Ende. Obwohl das mit dem Tag nicht so ganz stimmt. Es wird nicht wirklich dunkel. Die Nacht ist sehr hell. Trotzdem schlafen wir lieber und sehen uns nicht an, wie wir an der biologischen Station „Sokol“ vorbei fahren. Sie liegt im Ust-Lenskie-Naturschutzgebiet. Hier wird die Tundralandschaft des hohen Nordens beobachtet und erforscht. Die Forschungen konzentrieren sich auf das arktische Ökosystem. Es soll die biologische Vielfalt erkundet werden und Beeinträchtigungen durch die Witterung beobachtet und ausgewertet werden. Im Delta ergeben sich durch den Zufluss von Süßwasser und Salzwasser aus dem Meer unterschiedliche Wasserqualitäten. So kann man die Entwicklung und Veränderung der Wasserpflanzen studieren. Außerdem kann man den Einfluss von Nahrung, Temperatur, Wasserzusammensetzung auf die Fisch- und Vogelwelt beobachten. Die Erkenntnisse sollen eine Rolle bei der weiteren Erschließung Sibiriens spielen.

Wir passieren wieder die Insel Stolb (Säule). Plötzlich scheint ein hoher Berg den Fluss zu versperren. 118 m hoch ragen Felsen bei normalem Wasserstand aus der Lena. Man könnte die Felsen der Insel Stolb besteigen und hat dann einen phantastischen Ausblick auf die Inselwelt des Deltas und bei guter Sicht kann man die Küste der Laptewsee erkennen.

Hier verlassen wir das Lenadelta.

Am frühen Morgen fahren wir an der Insel Tit-Ary vorbei. Hier wohnen noch ungefähr 50 Menschen, die sich vorwiegend von Fischfang ernähren.

Tit-Ary war einer der 105 Gulags in Jakutien.

Es sind nur noch ein paar windschiefe Holzhäuser übrig, dafür viel Schrott, verrostete Boote, kaputte Traktoren. Die meisten Menschen haben diesen unwirtlichen Ort verlassen.

Ein Tag an Bord

Spruch des Tages: Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.

Nach dem Frühstück gehen wir zur Vorlesung über die Diamantenförderung in Jakutien. Frau Dr. Petrowa erzählt von den Hauptvorkommen der Diamanten.

Jakutien ist ein märchenhaft reiches Land an Bodenschätzen. Es gibt allerdings ein Problem, durch die klimatischen Bedingungen ist die Erschließung schwierig und teuer. Geologen haben bisher über 1.000 Lagerstätten von Bodenschätzen gefunden. Unter der Hälfte des Staatsgebietes liegen Öl- und Gasreserven. Es gibt Wolfram-, Quecksilber-, Zinnvorkommen und Kohle. Kohle wird bereits in größerem Umfang gefördert. Man findet hier Antimon, Silber und Gold, die einen nicht geringen Anteil am Gesamtvorkommen der Russischen Förderation haben. Besonders begehrt sind die „Tränen der Tundra“. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand ein jakutischer Rentierhirte am Viljui im Sand einen merkwürdigen Stein, der wie Eis glänzte. Er zeigte ihn einem russischen Kaufmann, der ihn für zwei Pud Tabak abkaufte. Der Stein war ein Diamant, der bei der Pariser Weltausstellung gezeigt wurde, er wog immerhin 50 Karat und sein Wert wurde damals auf über 100.000 Goldrubel geschätzt. Er erhielt die Bezeichnung „Polarstern“. 1955 wurde hier ein großes Diamantenfeld entdeckt, die Stadt Mirnij gegründet und mit der Förderung der Diamanten begonnen. Russland liegt heute bei der Weltförderung an zweiter Stelle. 99 Prozent aller in Russland geförderten Diamanten kommen aus jakutischen Lagerstätten.

Die Bodenschätze werden zwar in Jakutien gefördert. Es gibt aber kaum weiter verarbeitende Industrie. Die Republik Sacha erhält von der Zentralregierung in Moskau aus den Erlösen der Diamantminen 20 und der Goldminen 11,5 Prozent. Das ist eigentlich viel zu wenig.

Man soll es kaum glauben, bei dem Permafrost ist auch Landwirtschaft möglich. Knapp ein Prozent der Fläche wird zum Anbau genutzt. Innerhalb der kurzen Wachstumsperiode werden Getreide, Kartoffeln und einige Gemüsearten angebaut und geerntet. Vieh- und hier speziell die Rentierzucht spielt eine größere Rolle.

Die Bodenschätze in den Weiten Sibiriens, in der Republik Sacha, bringen viele Probleme mit. Durch die schwierigen klimatischen Bedingungen ist der Abbau sehr schwierig, teilweise nur kurze Zeit möglich. Sie stellen hohe Anforderungen an Maschinen und Material. Und dann kommen die Schwierigkeiten des Transportes dazu.

Das Straßennetz ist dürftig und in einem schlechten Zustand. Ein zusammenhängendes Straßennetz ist nicht vorhanden. Es war eine Weiterführung der BAM bis Jakutsk geplant, aber der Bau stellt ein großes technisches und damit finanzielles Problem dar. Innerhalb von Jakutien gibt es zwar einige kleine Flugplätze, aber als einziger wird der in Jakutsk auch in absehbarer Zeit der bedeutendste sein.

Die größte Bedeutung haben immer noch die Wasserstraßen. Die Lena mit ihren wasserreichen Nebenflüssen bietet ein schiffbares Netz von ca. 12.000 km und sechs ausgebauten Flusshäfen. Über 70 Prozent des Güterverkehrs werden über die Flüsse abgewickelt.

Jakutien hat viele Probleme. Auf der einen Seite gehen die jakutischen Ureinwohner wieder ihren traditionellen Tätigkeiten nach, werden zum Teil wieder Nomaden, auf der anderen Seite werden für die Erschließung der Bodenschätze Fachleute benötigt. Eine weitere Ansiedlung von „Ausländern“ wird von der jakutischen Regierung aber nicht gewünscht. Außerdem kommt es immer mehr zu einem Widerspruch zwischen dem Naturschutz und dem Abbau von Bodenschätzen. Das Ökosystem der Tundra ist sehr empfindlich. Der Präsident der Republik Sacha versucht mit der Schaffung von Naturparks ein Gegengewicht zu schaffen. 25 Prozent der Fläche Jakutiens sollen einen besonderen Schutz erhalten.

Anschließend haben wir Russischunterricht. Diesmal hat sich Alina etwas Besonderes ausgedacht. Jeder bekommt einen Zettel mit dem Namen einer russischen Persönlichkeit auf die Stirn geklebt. Durch Fragen müssen wir erraten bzw. erfragen wer wir sind. Werner ist Raissa Gorbatschowa, ich bin Aleksej Puschkin. Mir fallen alle möglichen und unmöglichen Dichter ein, nur Puschkin ist wie aus meinem Gedächtnis gestrichen. Mit dem Gartenzaun winken klappt es dann.

Wir fahren an der Fischersiedlung Tschekurowka vorbei. Wir passieren wieder das Lenarohr. Die Bergkette auf der linken Uferseite ist bis zu 400 m hoch. Hier geht die Tundra in die Waldtundra über

Nach dem Mittagessen halte ich Mittagsruhe, Werner geht auf Fotopirsch. Dann gehen wir auf die Brücke des Schiffes. Der stellvertretende Kapitän erläutert uns das Schiff und die technische Ausrüstung. Er zeigt uns die Schiffkarten der Lena und erläutert, wie die Zeichen an den Ufern die Schiffe sicher an ihr Ziel bringen.

Auf der Lena

Wir passieren die Fischersiedlung Bulun. Hier ist am Hang ein Denkmal für Sannikoff, zur Erinnerung an die Sannikoff-Expedition um die Jahrhundertwende.

Nur kurze Zeit später sehen wir auf der linken Uferseite einen bekannten Ort, Küssür. Wir versuchen, die uns bekannten Häuser der Stadt wieder zu finden.

Nach dem Abendbrot drehen wir unsere Runden auf Deck und genießen die Landschaft. Auf dem rechten Lenaufer grüßt uns wieder die Geologenstation Prilensk.

Dann besuchen wir den Musiksalon. Heute ist Märchenabend. Wir sind gespannt. Und es wird schöner, als gedacht. Larissa erzählt das Märchen und die Jugend (Kellner, Kellnerinnen) spielen das Märchen „Das Rübchen“. Es wurde wundervoll pantomimisch rübergebracht. Der Clou: das Mäuschen wird von dem größten und kräftigsten, einem Kochlehrling, gespielt. Die Oma spielt Oxana, die kleinste und zierlichste. Wir haben viel gelacht und uns köstlich amüsiert.

Als nächstes wird die Geschichte der Agrafena gespielt. Die Agrafena spielt Warja, Alina ist ihr Schamanenvater und der kleine Schweizer spielt einen russischen Kaufmann. Der Schamane weist Agrafena in die Geheimnisse des Schamanismus ein und Agrafena ist bereits eine gute Schamanin bzw. Heilerin, obwohl sie noch recht jung ist. Als sie in das heiratsfähige Alter kommt, bewerben sich viele junge Jakuten um ihre Hand. Alle Geschenke können ihr Herz nicht erweichen. Sie findet nicht den Richtigen unter ihnen. Eines Tages kommt ein kranker russischer Kaufmann zu ihr. Er ist schwer krank und sie pflegt ihn lange bis er wieder gesund wird. Dabei verlieben sich die zwei ineinander. Als der Russe beim Schamanen um die Hand Agrafenas anhält, verweigert er sie. Er lehnt den Fremden ab, denn sollte Agrafena einen Fremden heiraten, verliert sie ihre heilende Gabe. Der russische Kaufmann will erst mal mit seinem Schiff die Lena erkunden und hofft, auf der Rückfahrt, die Zustimmung des Schamanen zu erreichen. Als er mit seinem Schiff unterwegs ist, kommt ein großer Sturm auf und das Schiff geht unter. Agrafena versucht mit ihren Kräften den Russen wieder lebendig zu machen. Als sie merkt, dass sie diese Gabe verloren hat, steigt sie auf einen hohen Felsen und springt in die Tiefe. Man erzählt sich, dass Agrafenas Geist auf der Insel keine Ruhe findet. Sie geistert dort noch umher.

Dann wird ein jakutisches Märchen gespielt. Die Akteure sind einzelne Passagiere. Es gehören dazu ein Vorhang, eine Sonne, zwei Wolken, zwei Bäume, ein Ungeheuer, ein Fürst, eine Fürstin, eine schöne Tochter, ein Jäger(Tino), ein Rentier(der große schlanke Schweizer). Larissa erzählt das Märchen und die einzelnen Personen spielen pantomimisch. Der Vorhang geht auf (ein rotes Tuch wird von einer Seite zur anderen getragen). Ein jakutischer Fürst mit seiner jakutischen Fürstin ist reich, hat viel Geld, viele Rentiere und eine schöne Tochter. Sie lieben sich alle sehr. Eines Tages geht die schöne Tochter im Wald spazieren, an den Bäumen vorbei. Die Sonne scheint (die Pappsonne wird durch die Gegend getragen). Da sieht sie einen schönen Jüngling. Es ist der Jäger, der im Wald auf der Jagd ist. Als sie einander ansehen, verlieben sie sich in einander. Sie beschließen, zu heiraten und zusammen zu leben. Die Tochter erzählt das ihren Eltern. Der Fürst und die Fürstin freuen sich und die Hochzeit wird vorbereitet. Plötzlich schieben sich die Wolken vor die Sonne und ein starker Wind pustet. Es erscheint ein Ungeheuer, das die Tochter fasst und entführt. Der Jäger konnte nichts machen. Er ist sehr traurig und beschließt, sich auf den Weg zu machen, um das Mädchen, seine Braut, zu suchen. Er nahm sein Rentier und machte sich auf die Suche. (Der Schweizer kniet sich als Rentier hin und Tino steigt auf und reitet davon). Nach einem langen Weg treffen sie auf das Ungeheuer. Ein erbitterter Kampf entbrennt. Der Jäger besiegt das Ungeheuer und reitet mit seiner Braut auf dem Rentier (hinter einander auf dem Mann) nach Hause. Fürst und Fürstin freuen sich und die Hochzeit wird gefeiert. Nun scheint die Sonne wieder. Alle freuen sich und sind glücklich. Der Vorhang geht zu. Es war zu schön. Die Darsteller waren Klasse. Wir haben uns köstlich amüsiert.

Der Märchenabend war ein sehr gelungener Abend. Wir haben lange nicht so gelacht wie heute.

Nachts fahren wir an der Siedlung Siktjach vorbei, die am gleichnamigen Fluss liegt. Der Name bedeutet „ein feuchter Ort“. Hier leben Fischer und Jäger.

Tag: Natara

Spruch des Tages: Tadele den Fluss nicht, wenn du ins Wasser gehst.

Heute früh sind es 12° C und wenig windig.

Wir gehen nach dem Frühstück zum Vortrag, den wie immer Frau Dr. Swetlana Petrowa hält, diesmal zum Thema „Schamanismus“.

Das Leben der Jakuten und der anderen sibirischen Völker bestimmen schon immer die Schamanen. Durch die Eroberung durch die Russen begann die Christianisierung. Die Christianisierung ging soweit, dass den Sibiriern durch die Taufe auch ein neuer Vorname, Vatersname und Nachname verpasst wurde. Trotzdem stieß die Kirche nicht auf die Gegenliebe durch die Sibirier, sie fanden keinen Gefallen an dem neuen Glauben. Durch die Sowjetzeit verloren die Kirchen ihren Einfluss und die Sibirier wandten sich wieder verstärkt ihren Geistern und Schamanen zu und erhielten Rat und Hilfe. Von sowjetischer Seite wurden sie als Verrückte eingestuft und oft verfolgt und in Lager gebracht, wo nicht wenige den Tod fanden. Trotz aller Schikanen hat der Schamanismus überlebt. „Zurück zu den Wurzeln“ ist die neue Strategie. Im Prozess der Selbstfindung spielt die Religion eine wichtige Rolle. In Jakutien ist es nicht selbstverständlich, dass die Traditionen in der Familie weitergegeben werden. So gibt es in Jakutsk eine Schule zur Ausbildung von Schamanen. Hier sollen die notwendigen geistigen, geistlichen und praktischen Fähigkeiten zur Ausübung dieser verantwortungsvollen Aufgabe vermittelt werden. Bei der Ausbildung kommt der Weitergabe der Volksmedizin eine besondere Bedeutung zu. Es wird die richtige Anwendung der vielen Kräuter gelehrt.

Der Schamanismus ist eine Art Naturreligion und zugleich eine Form, Tradition, Kultur und religiöse Gefühle miteinander zu verbinden. Der Schamane ist Mittler zwischen Mensch und Geist. Er kann nur in der ihm bekannten Gesellschaft wirken. Er erfüllt viele Funktionen, er ist Mystiker, Arzt, Ratgeber und Medium. An Schamanen werden besondere menschliche Anforderungen gestellt, denn sie dürfen ihre Stellung nicht für sich missbrauchen. Ein besonderes Verhältnis zur Natur und zum Kosmos ist genauso wichtig wie eine gute körperliche und seelische Verfassung. Schamane zu sein ist sehr anstrengend. Er trägt eine besondere Kleidung. Sein Gewand ist reich mit Symbolen verziert, mit vielen Glöckchen und anderen klirrenden Gegenständen. Sein wichtigstes Instrument ist eine Handtrommel, die ihn bei seinen Tänzen begleitet und mit deren Hilfe er sich in Trance versetzt. Dann erst erreicht er die Verbindung zu den Geistern oder den Seelen der Verstorbenen. Auf diese Weise soll er das Unheil abwehren, Kranke gesund werden lassen und das Jagdglück beeinflussen können.

Mit Hilfe der Schamanen konnten viele Traditionen, Bräuche und Verhaltensregeln der Sibirier bewahrt und wiederbelebt werden. Wenn man in Jakutien Stoffstreifen an einem Baum oder baumähnlichen Gestänge im Winde wehen lässt, so bedeutet dies eine Mitteilung an die guten Geister. Der Wunsch nach Gelingen eines Vorhabens, der Dank für eine gute Reise oder ein gelungenes Geschäft, finden so ihren Ausdruck. Nach dem Verständnis der Sibirier sind die Geister überall und dafür muss man sie gebührend behandeln und einem so gewogen machen. So läutet man heute wieder beim Betreten des Balagan das am Eingang hängende Glöckchen, damit die Geister über die Ankunft informiert sind. Bevor man etwas trinkt oder isst, gilt es, die Geister gnädig zu stimmen. Etwas Kumys oder Wodka, das erste Glas gilt dem Geist des Feuers, ebenso das erste Stück Brot.

Endgültig abgeschafft scheint der Brauch zu sein, die Verstorbenen oberirdisch in Holzkisten auf Pfählen zu bestatten. Ihre Seelen konnten so in der Vorstellung der Menschen mit den Geistern durch die Lüfte schweben. Jetzt findet trotz Permafrost eine Erdbestattung statt. Allenfalls kann ein leerer Sarg über das Grab gestellt werden. Frau Dr. Petrowa erzählt, dass man in größeren Siedlungen im Herbst, vor Einsetzen des Dauerfrostes bereits Gräber aushebt. Da wo im Winter jemand unverhofft stirbt, gräbt die ganze Familie mindestens zwei Tage, um in den Frostboden ein Loch zu bekommen.

Fast in Vergessenheit geraten sind die schönen jakutischen Märchen und die seltsamen Gesänge. Wenn Jakuten feiern, kann das nicht ohne Gesang und Tänze ablaufen. Ein Vorsänger improvisiert Lobgesänge auf die Natur und die tapferen Menschen. Chochaj, der jakutische Reigen, kann beginnen und je nach Situation und Stimmung stundenlang dauern.

Höhepunkt des Jahres bleibt das Ysyach-Fest, das im Juni gefeiert wird. Im Mittelpunkt der Feier steht die Sommersonnenwende am 21. Juni und damit die Wiederbelebung der Natur. Ein weißer Schamane eröffnet zusammen mit acht Jungen und acht Mädchen das Fest, entfacht das Feuer, das während der tagelangen Feier niemals ausgehen darf. Er opfert den lokalen Geistern sprudelnden Kumys und richtet an die himmlischen Gottheiten die Bitte, für das Wohlbefinden des Volkes zu sorgen. Man veranstaltet Spiele, misst beim Ringen oder Pferderennen die Kräfte. Um der Freude Ausdruck zu verleihen, singt man den Oloncho oder nimmt am Osuochaj teil. Bei diesem Fest werden die phantasievollen und kostbaren Nationalkostüme getragen, wie ein grüner Mantel, mit rotem Stoff besetzt, mit Goldfäden bestickt und mit Zobelfellen ausgestattet. Für den Kopf gibt es reichverzierte Kappen, an den Ohren baumeln Goldgehänge. Ein üppiger Brustschmuck vervollständigt die kostbare Festkleidung.

Wir vertreten uns nach dem Vortrag die Füße, lassen die vorbeiziehende Landschaft auf uns wirken. Es ist schon beeindruckend, wie der Vortrag unsere Sicht auf die Landschaft verändert. Man könnte in die Landschaft, in die vorbeiziehenden kleinen Inseln so viel mehr hineininterpretieren als nur Natur pur.

Wir gehen am Nachmittag eine Tasse Kaffee trinken. Da sich das Schiff bereits früher der Siedlung Natara nähert als erwartet, fällt die Gesangseinlage unserer Ethnosängerin Warja Amanatowa heute aus. Es wird später nachgeholt. So können wir früher an Land gehen.

Unser Schiff legt an der Natara-Mündung, einem kleinen rechten Nebenfluss der Lena, an. Es ist wieder eine Meisterleistung des Schiffspersonals, diese Landung am Ufer, ohne Landungssteg.

Einsame Siedlung Natara

Heute Abend wird Mister Swetlow gekürt. Welcher Mann kennt das Schiff am besten?

Wir bleiben in unserer Kajüte, lassen den Tag Revue passieren und trinken ein Gläschen Sekt.

Wir passieren die Ortschaft Mijangkjarja, eigentlich eine Wetterstation mit 15 Mitarbeitern und ab und zu sind Geologen zu Besuch und umschiffen das Kap Kystatym (das missbilligende Kap).

 

Unterwegs auf der Lena

Spruch des Tages: Recht zu machen jedermann ist eine Kunst, die niemand kann

Wie schon fast zur Gewohnheit geworden, besuchen wir den Vortrag von Dr. Petrowa, diesmal zum Thema „Legenden und Märchen der Nordvölker“. Zu Beginn der Reise waren bei den Vorträgen genug Plätze vorhanden. Jetzt ist rechtzeitiges Erscheinen unbedingt notwendig. Sonst gibt es keinen Sitzplatz. Frau Dr. Petrowa und Alina gestalten den Vortrag über „die Legenden und Märchen der Völker des Nordens“. Frau Dr. Petrowa gibt einen Überblick über die Märchen der verschiedenen Nationalitäten. Die Märchen sind sehr gefühlsvoll, sie beziehen die Natur mit ein und basieren auf den Mythen der Völker. Alina und Swetlana lesen einige kurze Märchen vor.

Dann haben wir bis zum Mittagessen etwas Freizeit, in der ich etwas sticke und wir die Natur betrachten. Wir passieren verschiedene Inseln, es zweigen viel Flüsse oder Bäche von der Lena ab.

Nach dem Mittagessen haben wir Russischunterricht. Wir versuchen, ein Lied auf Russisch einzuüben: „Wenn es Abend wird in der großen Stadt …“. Es ist mühsam. Da müssen wir wohl noch etwas üben.

Dann fahren wir an Schigansk vorbei. Auf der anderen Seite liegt die große Insel Josif (Osipowskie). Wir freuen uns immer, wenn wir an einer Stelle vorbeikommen, an der wir schon einmal waren. Schigansk sieht vom Fluss ganz anders aus, als bei unserem Besuch.

Im Kinosaal findet eine Veranstaltung mit Olympia und der Kreuzfahrtsdirektion statt. Es gibt heiße Diskussionen. Einige der Reisenden haben sich beschwert, worüber das wussten sie wohl selber nicht. Die häufigsten Beschwerden kamen wohl übers Essen. Ich kann das nicht nachvollziehen. Ich bin immer satt geworden und es hat vorzüglich geschmeckt.

Dann lädt unsere Bordband zu einer Stunde der Klassik ein. Sie spielen Werke russischer Meister und begeistern damit das Publikum, Werner kann nicht genug schwärmen.

Auf der rechten Uferseite steht ein Schild mit der Inschrift „Polarkreis“.

Nach dem Abendessen lädt die Chefköchin zu einer Miniverkostung von Gerichten der nationalen Küche ein.

Jedes Volk hat seine eigenen Spezialitäten, die geografisch und kulturell bedingt sind.

Da die Jakuten Rind- und Pferdezüchter sind, finden wir in ihrer Nationalküche überwiegend Milch- und Fleischgerichte.

Es gibt mehr als 50 Arten verschiedener Milchzubereitungen, z. B. Kumys, Getränk aus gegorener Stutenmilch, jakutischer Schmand, eine Art jakutischer Joghurt, Kyörtchäch genannt, eine Art saure Sahne, Suorat, u. v. a. Zu diesen Milchprodukten isst man gerne Waldhimbeeren oder Walderdbeeren.

Besonders gern isst man Fohlenfleisch, das sowohl gekocht, geräuchert oder auch roh gegessen wird. Die Fohlen werden im März geboren und schon im Oktober geschlachtet. Pferdefleisch, wie es in der tatarischen und baschkirischen Küche weit verbreitet ist, wird hier kaum gegessen. Es werden Rentier- und Fohlenleber roh gegessen.

Als Spezialität der Küche der Nordvölker gilt Stroganina, roh in dünne, etwa 2 cm breite Streifen geschnittene Fischstücke des sibirischen Weißlachses, wie Tschir, Omul, Nelma, Muksun. Gegessen wird der rohe Fisch mit Salz, Pfeffer oder Tomatensoße.

Auch die mit Reis und Kaviar gefüllten Karauschen erfreuen sich großer Popularität. Die besten Karauschen werden im Winter gefangen.

Wir dürfen einzelne Spezialitäten kosten.

Dann wird uns ein Märchen erzählt. Rotkäppchen in einer neuen pantomimischen Bearbeitung. Katja als unbeschwertes Rotkäppchen und Kolja als der böse Wolf. Es ist köstlich, wir amüsieren uns großartig.

Dann gibt es wieder eine Kostprobe, diesmal Kumys. Danach zeigt Katja einen Zigeunertanz. Es ist eine Mischung aus Bauchtanz und Czardasz. Für mich als Laien perfekt gemacht, eine Augenweide, sicher vor allem für die Männer. Sie sollte eher als Animateur statt als Kellnerin arbeiten. Bei diesen Rollen kommt ihr südliches Temperament durch. Sie ist eine Usbekin, die sich in Sibirien verliebt hat. Sie sagt, die Kälte mache ihr nichts aus. Ob das immer stimmt?

Wir genießen die Spezialität des Abends: Stroganina. Der Vizekoch bringt einen gefrorenen Weißlachs und schneidet zarte Streifen ab Diese werden uns mit Salz und Pfeffer gereicht. Ich hätte nie gedacht, wie schmackhaft roher Fisch sein kann. Es gibt noch ein paar musikalische Einlagen von unserer Band und der Sängerin Warja Amantowa.

Ein schöner Tag geht zu Ende.

In dieser Nacht überqueren wir den Polarkreis zum zweiten Mal. Jetzt werden die Nächte wieder kürzer.

Insel Agrafena

Spruch des Tages: Die Reise veredelt den Geist und räumt mit allen Vorurteilen auf.

Wir legen im Grünen an, an einer Insel in der Nähe der Insel Agrafena.

Die Mündungen von Aldan und Viljui sind sehr wasserreich. In der Mitte zwischen diesen Mündungen befindet sich auf der Lena die hohe Insel Agrafena. Diese Insel war früher für die Jakuten ein Schreckgespenst und die Ursache aller Unfälle auf dem Wasser. Der Fluss Lena macht hier eine sehr große Biegung.

Diese große Insel besteht aus Lehmsandgemisch. Sie ist von Sandbänken umgeben, was den Fluss unwegsam macht. Durch die Insel Agrafena läuft die unsichtbare Grenze des Polarkreises (66-33).

Es gibt viele Legenden und Sagen über Agrafena. In einigen Legenden ist Agrafena eine russische Kleinbürgerin, die viele Konflikte mit den Jakuten hatte. In anderen ist sie die Tochter von einem jakutischen Schamanen, die in einen russischen Mann verliebt war. Aber alle diese Sagen haben ein trauriges Ende. Deshalb glaubt man bisher, dass der unruhige Geist von Agrafena auf der Insel noch umher geistert.

Wer die Insel Agrafena besucht, muss eine Opfergabe für den Inselgeist mitbringen.

Insel Agrafena

Werner und Heinz filmen das Speiserestaurant. Ein mit viel Liebe und Sorgfalt gerichteter Mittagstisch wartet auf seine Gäste. Alles ist schön angeordnet und dann werden die Urlauber auf das Büffet losgelassen. Einige stürzen sich auf den Nachtisch – Pfirsichhälften mit Kirschkompott – wie der Habicht auf die Hühner. Sie horten erst mal 2 – 4 Pfirsichhälften teils auf dem Fensterbrett, und die, die sich nicht beeilen, gehen leer aus und schreien. Arme, klapprige, hungrige Deutsche. Sie müssen sich hier satt essen, weil es in Deutschland nichts zu essen gibt. (Nur die Wohlgenährten schlagen sich ums Kompott.)

In der Mittagssonne nehmen wir ein Sonnenbad am Vorderdeck.

Da wir inzwischen den Polarkreis bereits zweimal überquert haben, feiern wir heute Nachmittag Neptunfest.

Neptun (unser alter, eigenwilliger Österreicher) zieht mit seinem Gefolge, Kellnerinnen, Kellner, Küchenhilfen und Alina, Irina und Larissa, ein und nimmt auf seinem Thron Platz. Es sind alle schön kostümiert und haben den Landgang auf der Insel genutzt, und sich Requisiten für das Fest mitgebracht. Alle tragen schöne Kränze auf ihrem Kopf und interessante Kostüme, die Dolmetscherinnen sehen recht sexy aus.

Es gibt einige Spiele, an denen alle einmal teilnehmen sollen, um zu beweisen, dass sie auch würdig sind, die Urkunde zur Überquerung des Polarkreises zu bekommen.

Katja erfreut uns mit einem Bauchtanz, unsere Band macht Musik dazu. Unser Neptun redet seine Rede und im Handumdrehen vergeht die Zeit.

Nach dem Abendbrot wird zum Unterhaltungsprogramm „Lady Lena“ eingeladen. Renate ist sehr aufgeregt, da sie an der Wahl zur „Lady Lena“ teilnehmen will. Wir wollen sie tatkräftig unterstützen, damit sie den Sieg davonträgt. Es werden die unterschiedlichsten Spiele veranstaltet. Jede der Teilnehmerinnen muss mit einem Partner tanzen. Jede Lady darf sich verkleiden. Und so kommen noch einige Aufgaben, die die Damen lösen müssen. Siegerin wird eine Schweizerin, die kaum ein Wort auf hochdeutsch sprechen kann.

Aber was soll’s. Am meisten bewundere ich die Schweizerin, die mit ihrer Mama reist, nur sehr wenig deutsch spricht, eigentlich genauso viel wie russisch, denn ihre Muttersprache ist französisch. Sie hat sich wacker geschlagen.

Den Ausschlag für die Wahl zur Lady Lena für die Schweizerin in grün hat sicher ihr Spiel mit einem gemeinsamen Kinderlied, das alle begeistert hat, gegeben. Außerdem hat ihr ihr Mann sehr hilfreich zur Seite gestanden. Die Siegpunkte waren sehr knapp. Es ist ja alles nur ein Spiel. Wir lassen den Abend mit einem Glas Sekt ausklingen.

Top

40 Inseln

Spruch des Tages: Reisen bedeutet auch die Änderung der eigenen Mentalität und nicht nur des Klimas

Heute früh sind es 12° C. Es ist recht windstill. Es wird ein Tag, den wir auf dem Wasser verbringen. Aber das wird bestimmt nicht langweilig. Diese Tage sind bisher auch immer sehr schnell und interessant vergangen. Wir fahren an zahlreichen Inseln vorbei, die mehr oder weniger dicht mit Wald bedeckt sind.

Die Siedlung Sangar, eine große Ansiedlung, sehen wir verschleiert am Ufer liegen. Es ist ziemlicher Nebel.

Früh gehen wir zu unserem letzten Vortrag von Frau Dr. Petrowa „Jakutien in Hinsicht seiner Probleme“. Es ist mehr eine Fragestunde, als ein Vortrag. Allerdings stellen unsere Miturlauber so blödsinnige Fragen, dass man sich dafür schämen kann. Solche Fragen können nur Wessis stellen, die solche Fragen zur deutschen Politik nicht beantworten könnten. Es sind vor allem politische Fragen. Es sind Fragen, die die Diamantenförderung und die Geldverteilung des Erlöses betreffen, Fragen zur Bildung und Fragen zur Regierung und deren Einfluss auf die Entwicklung der Republik Sacha.

Danach haben wir Russischunterricht. Alina hat eine Playbackanlage für uns und nun können wir mit Hilfe der Instrumentalmusik unser Lied proben. Es wird immer besser.

Gegen Mittag erreichen die Temperaturen 20° C.

Wir passieren die Einmündung der Flüsse Viljui und Aldan und die „40 Inseln“ (tatsächlich sind es weit mehr). Der Fluss ist hier unüberschaubar breit. Es wird nicht langweilig, die Landschaft zu beobachten. Der Verkehr auf der Lena wird auch immer reger. Vor allem Tanker von Lenaneft fahren an uns vorbei. Passagierschiffe haben wir nur einmal gesehen. Alles andere sind und waren Transportschiffe. Eine Autofähre ist auch dabei.

Im Kinosaal wird zu einer Poesiestunde eingeladen. Der Zuspruch ist nicht sehr groß. Dafür ist es sehr interessant. Die Poesiestunde gestalten unsere Dolmetscherinnen, die Olympiachefin, Sascha und die Chefstewardess. Zuerst stellen sie uns Dichter der russischen und der sowjetischen Literatur vor. Sie sprechen über Swetlow. Michail Swetlow (1903 – 1964) ist ein bekannter sowjetischer Dichter.

Er wurde in Jekaterinoslawl (heutige Dnepropetrowsk) in einer Handwerkerfamilie geboren.

Im Jahre 1917 beendete er die städtische Fachschule, arbeitete an einer Warenbörse und in einer Druckabteilung der Zeitschrift “Junger Proletarier”. Im Jahre 1920 trat er als Freiwilliger in die Rote Armee ein.

Danach beendete er die Arbeiter- und Bauernfakultät, und studierte an der Fakultät für Literatur und Kunst an der Moskauer Staatsuniversität.

Der erste Band seiner Gedichte hieß “Die Gleise”. Er wurde 1922 in Charkow herausgegeben.

Seit dieser Zeit gehörte Michail Swetlow zu den jungen Dichtern, die einen bedeutenden Platz in der Sowjetliteratur eingenommen haben. Mit seiner eigenartigen Dichtungsart erwarb er sich die Sympathie der Leser. Einen besonders großen Anklang fand seine Dichtung “Grenada”, in der er internationale Auffassungen und Überzeugungen der Sowjetmenschen darlegte.

In seiner Dichtung drückte er viele positive Seiten des Menschen aus. Seine Gedichte sind gutmütig, zärtlich und optimistisch.

Dieser Poet zeichnete sich durch den Ausdruck des tiefen Humanismus in seinen Gedichten aus.

Michail Swetlow war außerdem der Autor von vielen Liedern und Theaterstücken. Während des zweiten Weltkrieges arbeitete er in einer Frontdruckerei. Nach seinem Tode erschien sein lyrischer Sammelband “Jägerhaus”.

Vor allem Gedichte von Alexander Puschkin sind sehr poetisch. Dann spricht jede noch ein Gedicht von einem deutschen Poeten, z. B. Heinrich Heine. Den Abschluss bildet Tino Schwichtenberg. Er trägt zwei seiner selbst „gemachten“ Gedichte vor. Wir wussten bis jetzt gar nicht, dass wir so einen tollen Poeten unter uns haben. Tino kommt aus Aken, wohnt und lebt aber jetzt in Hessen. Er macht diese Reise mit seinem Kumpel. Sie waren schon auf dem Jenissei unterwegs und sind Russlandfans. Ich habe mich schon öfter mit den Zweien unterhalten und fand sie sympathisch. Jetzt finden sich plötzlich viele, die ihn bestaunen und bewundern. Vorher war Tino nur einer unter vielen und jetzt ist er plötzlich der. Ich gönne es ihm.

Nach dem Abendbrot findet das verschobene Konzert der Ethnosängerin Warja Amantowa statt. Es ist erstaunlich, was so eine kleine zierliche Person für eine Stimme hat. Sie schlägt die Mautrommel und singt dazu, es ist ein Hörgenuss. Frau Dr. Petrowa erläutert uns die Inhalte der Lieder und so kommen die Emotionen noch stärker herüber. Es ist der Blick in eine andere, uns nicht bekannte Welt. Sie fasziniert uns und hält uns für diese Weile in dieser fremden Welt gefangen. Die Texte sind sehr poetisch und haben die Spannbreite von Liebe zu den Menschen über Liebe zur Mutter bis zur Liebe der Natur.

Anschließend findet das Quiz „Der (die) beste Jakutienkenner(in)“ statt. Frau Dr. Petrowa sucht 8 Teilnehmer. Es melden sich einige. Dann stellt sie die Fragen. Es sind teilweise recht interessante, andererseits einfach zu beantwortende, wenn man ihre Vorträge aufmerksam verfolgt hat. Mit etwas Schmu (Vorsagen) wird die beste Jakutienkennerin herausgefunden. Langsam werden wir melancholisch. Unsere Reise neigt sich dem Ende entgegen. Es ist schade, eigentlich hätte es noch ein paar Tage länger sein können.

Sottintsy

Spruch des Tages: Leuchtende Tage – nicht weinen, dass sie vergangen sind, lächle, denn du hast sie gelebt.
Heute früh sind es 14° C, für mittags werden uns 25° C angekündigt. Nach dem Frühstück erhalten wir unsere Koffer auf die Kabinen. Es ist also wirklich soweit, es heißt wieder packen. So lange ist es noch gar nicht her, da haben wir ausgepackt. Jetzt haben wir ein Problem. Unser kleiner Koffer hat einen defekten Verschluss. Wir beraten, was wir damit machen. Das Beste wird wohl sein, wir packen alle schmutzige Kleidung hinein und lassen ihn auf dem Flughafen in Folie wickeln. Wir werden Irina fragen, ob sie uns dabei hilft.

Am frühen Nachmittag erreichen wir die Anlegestelle Sottintsy.

Mit den 25° C wird es nichts. Es sind 20° C und es nieselt.

Wir legen wieder einfach am Flussufer an und erreichen das Ufer über die Landebrücke, kraxeln die Böschung hinauf und dort warten wir auf zwei Geländewagen, die uns zum Nationalen ethnographischen Freilichtmuseum „Druschba“, das einen guten Einblick in die regionale Architektur und die Lebensweise der Jakuten bietet, bringen. Die Fahrt ist sehr abenteuerlich. Wir werden durch das unwegsame Gelände ganz schön durchgeschaukelt.

Die Anlegestelle “Sottintsy” am rechten Ufer der Lena befindet sich unweit der Siedlung Sottintsy und ist von Jakutsk 70 km entfernt.

Sottintsy ist durch sein Museum, das Lensker historisch-architektonische Freilichtmuseum “Druschba” (Freundschaft), bekannt. Das Museum wurde auf Initiative des Jakutischen Volksschriftstellers Suorun Omollon gegründet.

Es liegt an der Stelle der ehemaligen Festung Lenskie Ostrog (Jakutsk). Am Ostrog waren Expeditionen der bekannten Entdeckungsreisenden wie Semjon Deschnjow, Iwan Moskwitin, Jerofej Chabarow u. a. vorbeigefahren.

Sottinsty Museumsdorf

Nach dem Abendbrot gibt der Kapitän seinen Abschiedscocktail. Die Besatzung bedankt sich bei allen Teilnehmern der Kreuzfahrt und wünscht uns einen schönen Abschluss. Danach sehen wir in einer Diashow die auf Bildern festgehaltene Reise „Abenteuer auf der Lena 2005“. Es sind schöne Momentaufnahmen, die von unseren Dolmetscherinnen kommentiert werden. Eigentlich wäre das gar nicht nötig, denn die Eindrücke sind noch mehr als nur präsent. Danach gehen wir zum Abschiedsabend und lassen bei einem Glas Sekt unsere Höhepunkte der Reise noch mal lebendig werden. Schade, dass alles dem Ende entgegen geht.

Im Laufe des heutigen Tages habe ich mir von jedem Besatzungsmitglied ein Autogramm auf ein Stück Birkenrinde geben lassen. Das ist dann doch wohl eine sehr individuelle Erinnerung.

Wir gehen das letzte Mal an Bord zu Bett. Trotzdem schlafen wir gut.

Jakutsk – Moskau

Eigentlich haben wir diese Nacht, als wir noch im Musiksalon waren, bereits kurz vor dem Hafen von Jakutsk angelegt. Jetzt, als wir aufstehen und zum Frühstück gehen, nähert sich unser Schiff dem Hafen und legt an. Nun heißt es wirklich Abschied nehmen. Schade, dass die Fahrt zu Ende geht. Wir haben ja schon unsere Sachen gepackt

Mitternachtssonne auf der Lena Ankunft in Jakutsk

Wir erreichen den Flughafen und warten, warten, und warten. Dann können wir irgendwann das Flughafengebäude betreten und warten auf die Abfertigung und warten, warten, und warten. Wir werden an verschiedenen Schaltern durch die Kontrollen geleitet. Wichtig ist, dass jeder seine Schuhe ausziehen muss und sie werden aufs Laufband gelegt und durchleuchtet und dann können sie wieder getragen werden.

Wir warten auf den Rest der Abfertigung, allerdings haben wir dazu noch etwas Zeit. Endlich werden wir aufgerufen und können im Flugzeug Platz nehmen.

Der Rückflug nach Moskau nimmt seinen Lauf. Wir haben einen bequemen Sitzplatz, können unsere Beine ausstrecken, allerdings vereisen die Fenster und beim Landen läuft das Tauwasser herab. Werner ärgert sich, ich finde es nicht so schlimm. So unterschiedlich sind die Auffassungen.

In Moskau dauert die Abfertigung wieder ewig und wir brauchen Zeit und Muse, um unsere Busse zum Hotel zu finden. Im Bus erzählt uns dann die Reiseleiterin, dass wir den Nachmittag organisiert oder mit Eigeninitiative gestalten können. Die Abreise erfolgt am nächsten Tag laut Aushang.

Die Ankunft im Hotel und das Einchecken ist genauso katastrophal, wie zu Beginn unserer Reise. Wir erhalten unsere Zimmernummer, verabreden uns und nach kurzem Erfrischen auf dem Zimmer machen wir uns auf unsere private Entdeckungsreise in Moskau.

Allunionsausstellung Moskau

Im Hotel angekommen, erfrischen wir uns, gehen schon sehr zeitig zum Abendessen und dann gehen wir zu der Show, „World famous national russian Show“ für die Schönheiten geworben haben. Wir sind zwar sehr müde, aber wir bereuen unsere Entscheidung nicht. Die Inszenierung, die Musik, die Kostüme und die Tanzdarbietungen sind nicht zu überbieten. Es ist phantastisch. Wir sind ganz einfach begeistert. Werner kauft eine DVD von der Inszenierung. Während der Veranstaltung durfte nicht gefilmt und fotografiert werden. Wir gehen danach noch ein Bier trinken und fallen Tod müde ins Bett.

Moskau – Frankfurt

Unser letzter Tag hat begonnen. Wir stehen auf und gehen frühstücken. Dabei treffen wir noch mal Heinz und Renate. Deren Flieger geht vor unserem. Sie werden nach dem Frühstück bereits zum Flughafen fahren. Wir haben den Vormittag noch frei. Eigentlich wollten wir noch einige Souvenirs kaufen, aber wir entscheiden uns, erst mal etwas die Umgebung zu erkunden.

Wir holen unsere Koffer, checken aus, und warten auf den Bus. Wir sind wohl die größte Gruppe, die zum Flughafen will. Der Bus kommt etwas verspätet, trotzdem erreichen wir den Flughafen zur rechten Zeit oder besser viel zu früh, denn nun heißt es wieder … warten, warten, warten und nochmals warten. Wir sind viel zu zeitig.

Endlich können wir unsere Koffer abgeben. Allerdings wussten wir da noch nicht, dass das Anstellen an der Passkontrolle noch länger dauert. Dann haben wir auch das überstanden und ich wollte eigentlich noch etwas durch die Duty-free-shops schlendern, aber Werner war der Meinung, dass wir bereits durch die Kontrolle gehen sollten. Wir müssen Schuhe ausziehen, und mit aufs Band stellen. Auch das alles haben wir geschafft und jetzt heißt es wieder … warten, warten und warten. Die Abflugszeit nähert sich immer mehr. Was soll’s, irgendwann kommt die Durchsage, dass der Flieger bereit steht. Wir steigen ein und fast pünktlich heben wir ab.

Der Rückflug ist so wie Rückflüge immer sind, eigentlich viel zu lang. Jetzt ruft die Heimat und wir warten, was da so auf uns wartet.

Ein wunderschöner Urlaub (ausgenommen die Fliegerei und vor allem die Abfertigung in Scheremetjewo zwei) geht zu Ende.

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