Entsprechend der klimatischen Bedingungen lebten die Jakuten sowohl in Sommer- als auch in Winterhäusern. Das Sommerhaus, Urasa, ist ein aus Holzstämmen zusammengefügter, kegelartiger Bau, der meistens mit Filz oder Leder abgedeckt wird. Er ist leicht zu transportieren und kann schnell abgebaut, zu den neuen Weidegründen gebracht und dort wieder aufgebaut werden. Zuerst sehen wir uns so ein Urasa an. Es ist recht geräumig darin und alle Teile haben ihren bestimmten Zweck. An den Wänden befinden sich die Schlafbereiche. Junge, heiratsfähige Mädchen bekommen ihre extra, mit Vorhang versehene Schlafkabine, 2 x 1 m Intimsphäre. Alle Gerätschaften haben ihren angestammten Platz. Ansonsten wohnt und lebt die Großfamilie hier. Jeder hat seine Aufgabe und alle müssen ganz einfach miteinander auskommen. Anders geht das nicht. Für den Winter benötigt man eine wesentlich stabilere Behausung. Hier muss auch Platz für eine Feuerstelle im Inneren sein. Man baute ein solches Winterhaus, Balagan, aus Holz, die Wände wurden zusätzlich mit Erde isoliert. Eigentlich sieht so ein Balagan von außen wie ein großer Erdhügel aus, aus dem eine kleine Rauchfahne steigt. Selbst Bäumchen und Sträucher wachsen darauf. Dieser rechteckige Balagan, den wir besuchten, bestand aus einem großen Raum, allerdings waren im Hintergrund einige Teile abgetrennt, durch Vorhänge. Dahinter befanden sich Kleiderschränke und ein Bett. An den Seiten befinden sich die Gegenstände des alltäglichen Lebens, ein Stein zum Mehl mahlen, Gegenstände zum Teig bereiten, Kellen, usw. In der Mitte ein großer Ofen, mehr Kamin, in dem mit großen Holzscheiten ein romantisches Feuer brennt. Allerdings dient das zur Beheizung und zum Bereiten von Speisen und Getränken und da bleibt im Alltag sicher nicht viel von der Romantik übrig. Und das Feuer dient auch zur Beleuchtung des Balagan. Es ist nicht sehr hell. Am interessantesten für mich ist die Gestaltung der rechten Ecke. Hier gibt es einen runden Tisch, auf dem lauter Kinderspielzeug liegt. Viele Kühe in unterschiedlichen Größen, Becher mit Stäbchen und noch andere verschiedene Dinge. Und dann stehen da noch zwei Puppenstuben, eine Urasa und ein Balagan. Darin alles maßstabsgerecht wie im Großen, mit Puppen. Das war faszinierend. Außerdem gab es noch Stoffpuppen mit Trachten, alles detailgetreu. Am liebsten hätte ich das mitgenommen oder ganz einfach hier eine Weile damit gespielt. Ich werde wohl doch alt und kindisch.
Zu einem richtigen Ostrog gehören mindestens ein Wachturm mit der entsprechenden Befestigung und eine Kirche.
Das Zentrum des Freilichtmuseums ist eine Kopie der Erlöserkirche des Zaschiwersker Ostrogs. Es ist eine aktive Kirche. Trotzdem können wir einen Blick ins Heiligste machen. Sicher rechnet man nicht mit dem Besuch von so neugierigen ungläubigen Fremden. Um die Kirche herum befinden sich Häuser nach den alten Mustern der Holzbaukunst der Völker Jakutiens.
Die alten Häuser gehörten ursprünglich russischen Händlern, stammen allerdings aus späterer Zeit, aufgrund der klimatischen Bedingungen ist eine Konservierung über so lange Zeit sehr schwierig. Das sieht sich alles sehr interessant an, und gibt uns einen kleinen Einblick, wie Einheimische und russische Eroberer miteinander lebten und sich den komplizierten klimatischen Bedingungen stellten.
Sehr informativ ist unser Besuch des Museums. Es ist in einem Steinhaus untergebracht. Die Fenster haben schon einige sibirische Winter hinter sich. Im Museum kann man sich mit der Kultur der Einheimischen des Nordens der Republik Sacha bekannt machen. Es gibt eine große Ausstellung von Holzgefäßen für Kumys (Stutenmilch). Sie haben alle unterschiedliche Verzierungen und sind von klein bis ganz groß vertreten. Es wird die nationale Kleidung der Jakuten des 19. bis 20. Jahrhunderts gezeigt. Es werden immer Kleidungsstücke von Paaren, Frauen und Männern, gezeigt, Kindersachen und Babytragen. Der Frauenschmuck ist ganz besonders beeindruckend. An den Wänden hängen Jagdtrophäen, wie Bärenfelle von Eis- und Braunbär, Füchsen, usw. Außerdem gibt es viele Sättel, für Männer und Frauen. Sie sind wunderschön verziert und farbig. Das alles macht einen tiefen Eindruck.
Der Fonds des Museums verfügt über viele Bilder. Sie erzählen von russischen Missionaren, die die Völker Jakutiens ans Christentum herangeführt hatten. Auch viele Expeditionen wurden in diese Region gemacht. Ihrer gedenkt man in Bild und Wort. Es gibt historische Stiche und viel Literatur, auch die Sowjetzeit wird dargestellt.
Die Landschaft verzaubert uns. Werner und Heinz wandern zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man die Lena und unser Schiff sehen kann. Renate und ich sehen uns den Museumskomplex noch etwas an und besuchen den Verkaufsraum des Museums. Hier gibt es Getränke, Kekse und Silberschmuck.
Ein schönes Erlebnis haben wir, als wir nach der Besichtigung auf den Bus warten, der uns wieder zum Schiff bringen soll. Eine Gruppe Kinder und Jugendlicher kommt mit dem Fahrrad an und will ebenfalls das Museum besuchen. Die Erzieher erzählen uns, dass die Kinder eine Radtour durch ihre Heimat machen, damit sie diese besser kennen lernen. Wenn ich mir die Fahrräder ansehe, würde ich sagen, dass damit in Deutschland kaum ein Kind in dem entsprechenden Alter mehr fahren würde. Diese Kinder hier sind glücklich, dass sie mobil sind. Wir geben den Kindern bzw. den Erzieherinnen unsere restlichen Mitbringsel. Alle freuen sich und möchten ein Bild mit uns. Es ist ein schönes Erinnerungsfoto. Die Rückfahrt ist genauso schaukelig wie die Hinfahrt. Unterwegs nehmen wir unsere jungen Matrosen mit. Sie haben den Landgang genutzt, um die Kirche im Denkmal zu besuchen.